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In 8 Schritten: Wie bereite ich eine Schüttübung vor!

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Bevor dem Kind Schüttübungen oder auch andere Lernanregungen gezeigt werden, sollten wir uns immer auch einige Gedanken im Vorfeld dazu machen. Die Präsentation ist entscheidend und auch ob alle dafür nötigen Utensilien vorhanden sind. Kinder schauen uns sehr genau auf die Finger und werden daher auch jede von uns unüberlegte Handlung nachmachen.
Für uns Erwachsene sind viele Abläufe schon so routiniert, dass wir die einzelnen Schritte die dabei erforderlich sind, garnicht mehr wahrnehmen und auch nicht die eigentliche Schwierigkeit dahinter, welche sich unseren Kindern aufzeigt.

Flüssigkeiten umzuschütten, Gläser füllen, portionieren usw. ist für uns Alltag. Für unsere Kinder sind es knifflige Aufgaben der Hand-Augen-Koordination und der Motorik. Sie müssen lernen wie weit man ein Gefäß kippen kann, wie langsam oder schnell Flüssigkeiten oder Schüttgut fließt und das unterschiedliche Gefäße nicht gleich viel Wasser aufnehmen können. Was wiederum alles Grundlagen der Mathematik und Physik bilden.

Wir sollten bei der Vorbereitung einer Schüttübung im Kleinen beginnen. Vom Kleinen zum Großen, vom Einfachen zum Abstrakten. Alle Schüttvarianten bauen somit aufeinander auf.

1. Die ersten Schüttübungen mit Wasser finden meist in der Badewanne statt, wenn wir mal ganz genau nachdenken, stimmts? Hier planschen unsere Zwerge wild umher und können Wasser in die Eimerchen oder andere Gefäße schütten, auskippen und weiterspielen. Gleiches wiederholt sich bei sommerlichen Temperaturen draußen im Garten. Die Bewegung des Auskippens kann hier also schon erlernt werden. Auch Schüttkisten mit Reis, Sand usw. sind sehr interessant für die Kinder und es macht ihnen einfach Spaß das Material zu fühlen, darin zu wühlen und hin und her zu schütten.
Sehen wir also, dass unseren Kindern dies möglich ist und sich die Bewegungen verfeinern, können wir mit den eigentlichen Schüttübungen beginnen bzw. sie anbieten.

2. Eine erste einfache Schüttübung beginnt mit zwei gleichen Gefäßen! Die Gefäße sollten nicht zu groß und damit den kleinen Händchen unserer Kinder angepasst sein!

 
Eines der Gefäße wird mit Wasser gefüllt, zunächst nicht zu voll, damit nicht sofort Wasser beim Kippen fließt. Färben wir das Wasser ein, ist dies eine zusätzliche optische Hilfe für unsere Kinder. 
Nun zeigen wir unseren Kindern wie der Schüttvorgang abläuft, in dem wir es ihnen vormachen. Gut ist es immer, wenn wir als Rechtshänder dabei an der rechten Seite unserer Kinder sitzen. So können sie uns besser beobachten. Wir schütten langsam und vorsichtig. Die rechte Hand hält das Gefäß, die linke Hand kann es dabei stützen. Haben wir komplett umgeschüttet, streifen wir die letzten Tropfen am Gefäßrand ab und nehmen dann noch ein kleines Tuch zur Hilfe, um so nichts zu verschütten. Verschütten wir dennoch etwas, wischen wir auch dies mit dem Tuch auf. Bevor wir nun das Wasser wieder zurückschütten.

Hinweis: Wir beginnen deshalb mit zwei identischen Gefäßen, da sich die Kinder so komplett auf das Gießen und Schütten konzentrieren können. Das Tablett, auf welcher die Schüttübungen angerichtet ist, sollte mittig vor dem Kind stehen, so kann es beide Hände verwenden und über die Körpermitte arbeiten. Gerade bei den Kleinsten gibt es noch keine bevorzugte Hand. Wir sollten bei der Vorstellung der Übung auch daher beachten, immer mal wieder zwischen unseren Händen zu wechseln. 

3. Diese Übung (und auch alle später genannten) kann mit vielen unterschiedlichen Schüttmaterialien durchgeführt werden. Sand, Reis, kleinster Kies, Linsen, Kirschkerne usw. Jedes Schüttgut hat ein anderes Fließverhalten und stellt unsere Kinder vor neue Herausforderungen. Sie fließen schneller oder langsamer oder rutschen ab einem bestimmten Kippwinkel unkontrolliert heraus. Auch das muss erst erfahren und erlernt werden. Und das passiert spielerisch und im Tun selbst.
Wir können diese Übung, mit den gleichen Gefäßen auch mit vielen weiteren identischen Gefäßen wiederholen. Nehmen wir Glas, sehen die Kinder dabei sehr gut, wie das Wasser fließt oder das Schüttgut rinnt. Nehmen wir Porzellan, muss es sich beim Kippen mehr konzentrieren. Verwenden wir Kännchen bzw. Gefäße mit Henkel oder einer Ausgußrinne ändert sich auch hier wieder der Kipp- und Neigungswinkel. Die Hand muss anders koordiniert und gedreht werden. Eine weitere Schwierigkeit.

4. Hat sich der Ablauf mit zwei identischen Gefäßen gefestig, kann nun mit verschiedenen Gefäßen gearbeitet werden. Hier ist es sinnvoll mit einem Kännchen und z.B. zwei kleinen Gläschen zu beginnen. Dabei ist wichtig, dass in der Kanne nicht mehr Schüttgut oder Wasser enthalten ist, als insgesamt in die Gläschen passt. Es wird nun schon schwierig genug sein, den richtigen Moment abzupassen den Kippvorgang zu stoppen, es sollte dann nicht noch Wasser oder Schüttgut übrig bleiben, bei dem das Kind nicht weiß, wohin damit, wenn die Gläschen schon gefüllt sind. Auch hier ist das Vorzeigen der Übung wichtig, denn gerade das Abstoppen des Kippvorgangs verlangt viel Übung.

 
Wie zuvor, kann auch hier die Übungen wieder mit unterschiedlichen Schüttmaterialien geübt werden. Ebenso kann sich die Anzahl der Gläschen steigern. Was dann zu einer Verlängerung der benötigen Konzentration führt. Die Konzentrationsfähigkeit steigert sich. Die Menge an Schüttgut im Kännchen erhöht sich, es wird schwerer. Bei den ersten Gläschen die gefüllt werden müssen, ist also mehr Vorsicht und Konzentration notwendig.

 
5. Nun können verschiedenste kleinere Gläschen oder Gefäße angeboten werden, die aus einem Kännchen heraus mit Wasser oder anderem Schüttgut gefüllt werden sollen. Die Schwierigkeit hierbei liegt nun darin, dass in jedes Gefäß ein anderes Volumen hinein passt und somit höchste Konzentration benötigt wird.
Wichtig ist bei jeder Wahl der Gefäße, dass sie von den Kindern gut gehalten und genutzt werden können.

Eine weitere Abwandlung ist bei der unterschiedlichen Wahl der Gefäße, auch solche zu verwenden, die schmalere Öffnungen haben. Hier muss noch langsamer und vorsichtiger geschüttet werden, damit kein Tropfen daneben geht.

6. Viele Gefäße, wie Vasen oder z.B. auch Ölflaschen haben sehr schmale Hälse und damit kleine Öffnungen. Sie lassen sich einfacher mit einem Trichter befüllen. Hier sollte zunächst wieder nur ein entsprechendes Gefäß, der Trichter und das Kännchen mit dem Schüttgut auf dem Tablett angerichtet werden, damit sich das Kind ganz auf die Arbeit mit dem Trichter konzentrieren kann und nicht noch auf unterschiedliche Gefäße.
Der Trichter funktioniert natürlich am besten mit Wasser, aber auch Sand und sehr feines Schüttgut kann verwendet werden. Hier fällt ein ganz anderes Fließverhalten auf und je schmaler der Trichter, um so langsamer fließt der Sand, so dass ein viel langsameres Schütten vom Kind nötig wird.


  
7. Der Arbeitsplatz sollte für die Kinder immer begrenzt werden, entweder durch das Tablett oder durch ein Tischset, welches im Tablett bereit liegt und vom Kind ausgelegt werden kann. Diese Begrenzung hilft dem Kind, seinen Arbeitsplatz besser zu ordnen und einen Überblick über alle benötigten Utensilien zu behalten. Bei Wasserübungen ist immer daran zu denken, ein Schwämmchen oder Saugtuch in passender Größe (am besten zurecht schneiden) bereit zu legen, damit verschüttetes Wasser aufgenommen bzw. Tropfen am Gefäß abgewischt werden können.


  
8. Nicht immer will sich das Kind alles vorher zeigen lassen. Manchmal möchte es auch einfach selbst anfangen und ausprobieren. Lass es diese Erfahrung machen! Gerade die Übungen des täglichen Leben sind oft selbsterklärend. Kommt das Kind nicht weiter, wird es um Hilfe bitten. Beobachte es, stellst du Unstimmigkeiten in der Handlungsweise fest, erkläre es ihm beim nächsten Mal. Unterbreche es aber jetzt gerade nicht, lasse es in seiner Konzentration sein. Unterbrechungen können dazu führen, dass es die Handlung komplett beendet. Störungen behindern die Konzentration. Und gerade das Konzentrieren müssen Kinder ebenso erlernen, wie viele andere Handlungen auch. Sich auf eine Sache einlassen, macht nur Spaß, wenn man weiß, dass nicht ständig eine Unterbrechung droht, die einem dann vielleicht noch erklärt welche Fehler man gerade macht oder wie man es tun sollte. Es wird nicht zum gewünschten Ergebnis führen, nicht zur Steigerung der Konzentration.

Diese Punkte zusammen ergeben nun einen Überblick über den Aufbau der Schüttübungen und die möglichen Variationen die man durch unterschiedliches Schüttgut und unterschiedlichste Gefäße ergeben.
Diese ganzen Übungen dienen zur Vorbereitungen auf das tägliche Leben. Unsere Kinder können so erlernen, sich selbst und anderen, Getränke einzuschenken. Sie können Arbeiten in der Küche erledigen, die ein Umschütten von Lebensmitteln und Flüssigkeiten nötig machen (z.B. Salatsoße anzumachen). Sie können Vasen mit Wasser befüllen und diese mit Blumen dekorieren. Neben den vielen Handlungen, die dadurch im täglichen Leben von den Kindern selbstständig durchgeführt werden können (Gewinnung von Unabhängigkeit), was ihnen zu mehr Selbstbewusstsein und Selbstgefühl verhilft, erlernen sie wie oben schon erwähnt, Grundlagen der Mathematik und Physik. Ebenso festigen sie die Muskulatur ihrer Hände und die Koordination, was ihnen ermöglicht immer feinere und komplexere Aufgaben zu bewältigen. Sie werden  dadurch immer unabhängiger. Es ist eine der vielen Vorbereitung des täglichen Lebens! Und ganz oben auf, machen sie den Kindern einfach sehr viel Spaß!

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